Es gibt da so eine Firma, die mich immer wieder auf ein Neues überrascht. Leider jedoch selten in positivem Kontext. Sie ist recht bekannt und wirbt mit hervorragenden Druckergebnisses und verspricht auch den Versand kostenloser oder zumindest sehr günstiger Visitenkarten.
Da man ja bekanntlich erst eine Meinung zu etwas haben kann, wenn man es selbst ausprobiert hat, taten wir dies. So bestellten wir dort Visitenkarten bei dem offenbar omnipräsenten Unternehmen das mit „V“ beginnt und eine englische Bezeichnung für „Druck“ im Namen trägt.
Die Gestaltung und Auswahl war recht einfach, die Preise sehr moderat. Also designt, gestaltet und in den Warenkorb gelegt.
Wer jedoch denkt, dass er nun zur Kasse begleitet wird, der irrt. Vorher geht es noch auf dem Weg zum Bezahlen an mindestens 30 anderen Produkten vorbei, die man zum Sonderpreis gleich mitbestellen darf/soll. Also taten wir wunschgemäß das, was der Marketing-Psychologo der Firma bezweckt hatte und bestellten gleich noch ein paar Kugelschreiber.
Schließlich standen unter jedem Artikel Hinweise wie „Sie sparen“, „jetzt einmalig“, „nur noch“ oder „exklusiv jetzt“. Na dann.
Nachdem wir nun endlich bezahlen durften, hatten wir schon mehr gekauft, als wir ursprünglich beabsichtigten. Aber was soll´s, schließlich sind wir ja ein mündiger Verbraucher und müssen zu unseren Entscheidungen stehen.
Der normale Versand wurde dort kostenlos angeboten. Der Schnellversand kostete für eine Lieferung binnen 2 Tagen 25 Euro extra und der Premiumversand circa 10 Euro, der dann sogar nur 5 Tage brauchen sollte. Wir hatten keine Eile und wählten Standardversand innerhalb von 14 Tagen. Das Paket war nach 2 Tagen da, wie ich es auch nicht anders erwartet habe, da ich nicht davon ausging, dass UPS 14 Tage benötigt um ein Paket zuzustellen. Also warum dann dafür extra zahlen.
Die Produkte waren im Ergebnis in Ordnung.
Nicht so jedoch der After-Sales-Approach, den die Firmas „V“ dann an den Tag legte. Wochenlang bekam ich Mitteilungen der Firma, dass noch Produkte im Warenkorb liegen würden. Also klickte ich die Emails an und sah die von mir zuvor erworbenen Produkte. Zu „absoluten Tiefstpreisen“.
Sollte ich mich ärgern, dass ich offensichtlich zu viel ausgegeben hatte oder sollte ich die Gelegenheit nutzen und nachbestellen ? Weder noch. Ich hatte meine Bestellung und wollte in Ruhe gelassen werden. Doch „V“ wollte da nicht mitspielen. Immer wieder kamen Emails, manchmal auch Flyer mit der Post, die mich stets wieder in den Schoß der Firma zurückholen wollten. Wer einmal bestellt, der kommt wieder, dachte „V“ wohl.
Doch das entscheide ich und mit zunehmender Bedrängnis durch den Psycho-Vertrieb dieses Unternehmens wurde ich agressiver. Ich schrieb Beschwerde-Emails, dass man mir nicht ständig vorgebliche offene Warenkörbe schicken sollte. Meine Bestellung war vor Wochen erledigt, bezahlt und geliefert, ich hatte keine offenen Warenkörbe und dieser plumpe Versuch mir so weitere Produkte verkaufen zu wollen machte mich nur ärgerlich.
Nachdem ich mit einem Anwalt drohte gab es plötzlich keine offenen Warenkörbe mehr, und auch keine anderen Emails.
„Nie wieder“, dachte ich noch bei mir, bestelle ich bei einem Unternehmen, das mich dermaßen offensichtlich als Melkkuh betrachtet und in dieser Art penetriert.
Zwei Jahre später ..
Nun sind 2 Jahren um und ich brauchte mal wieder Kugelschreiber. Nach einer gewissen Recherche wurde mir klar, dass es kaum einen Anbieter gab, der unter 500 Stück verkaufte und so viele brauchte ich nun wirklich nicht. Also landete ich zwangsläufig wieder bei der Firma „V.“ Während ein bedruckter Kugelschreiber im Internet circa 50 Cent im Durchschnitt kostete, aber in Paketen von 500 Stück abgenommen werden musste (mit Porto und Druck ca. 250 – 280 Euro), bot die Firma „V“ auch Stückzahlen von 3, 5 oder 10 Stück an. Diese sollten dann 7,50 Euro kosten.
So muss natürlich jeder für sich ausrechnen, was für ihn/sie sinnvoll ist. Da ich aber aus diversen Gründen wirklich nur 10 Kugelschreiber brauchte, entschied ich mich der Firma „V“ aus mangelnder Konkurrenzsituation nochmal eine Chance zu geben. Aber 7,50 Euro für einen Kugelschreiber ? Puh, das ist schon happig. Na gut, die haben Druck und Maschinenkosten und für 10 Kugelschreiber diese Arbeit auf sich zu nehmen, würde ich mir auch bezahlen lassen. Doch ich haderte noch mit mir und suchte andere Anbieter.
Mit mässigem Erfolg.
Dann surfte ich frustriert auf „Stern“, „Spiegel“, „Handelsblatt“ und „NTV“ herum, um die täglichen Nachrichten zu lesen. Dort tauchte dann wie gewohnt auch Werbung auf. All jene Artikel wurden da – Dank der Cookies – offeriert, die ich mir vorher so im Internet angeschaut habe. Ist ja nichts Neues .. einmal auf „Amazon“ nach Brillen geschaut, und schon sieht man auf allen Webseiten die man danach besucht Werbung zu änhlichen Produkten.
Doch was mich stutzig machte war eine bestimmte Werbung. Die Firma „V“ hatte auf einer der Nachrichtenseiten offensichtlich auch Werbung geschaltet und warb nun – 30 Minuten später – mit einem Sonderrabatt auf Kugelschreiber. Statt 7,50 Euro würden diese begrenzt für 5,50 Euro pro Stück angeboten.
Na herrlich, also auf die Werbung geklickt und wieder bei Firma „V“ gelandet.
Dort kosteten mich die gleichen Kugelschreiber tatsächlich nur noch 5,50 Euro.
Also bin ich zu meinem Nachbarn rüber gegangen, der eine andere IP Adresse und noch keine Cookies von Firma „V“ auf seinem Rechner hatte, und habe dort geschaut, was er für einen Kugelschreiber bezahlen würde. 7,50 Euro.
Na gut dachte ich bei mir. Die Firma legt also Cookies bei mir ab, ist klar. Dann kaufe ich aber nichts und dann versucht die Firma über auf anderen Seiten geschaltete Werbung den potentiellen Käufer zurück zu lotsen.
Dann kam mir eine Idee. Ich klickte mich mit der Maus schön durch das Angebot an Kugelschreibern der Firma „V“, aber kurz vor dem Bestell-Ende verließ ich die Seite erneut.
Statt dort etwas zu kaufen, surfte ich etwas im Internet und gab ungefähr eine Stunde später den Suchbegriff „Kugelschreiber günstig kaufen“ in die Suchmaschine mit dem „G“ ein.
Und siehe da: rechts an der Seite mit der Werbung prangte ein auffälliges Banner, dass damit warb, die günstigsten Kugelschreiber zu offerieren: wieder die Firma „V“.
Also klickte ich darauf und fand mich wieder dort, wo ich zuvor auch schon war.
Der Kugelschreiberpreis pro Stück betrug nun noch 3,50 Euro.
Geht doch.
Ist ja auch alles legitim, und ich denke der geneigte Leser kann durchaus die Moral von der Geschichte aus diesen Zeilen herauslesen. Aber nachdenklich stimmt es mich schon, welche Ausmaße diese Form der Werbung mittlerweile angenommen hat.
Was ist das für ein Geschäftsgebahren ? Ist diese Art der Kundenbindung moralisch oder ethisch astrein ? Ich fühle mich ehrlich gesagt verarscht und habe darüber hinaus auch keine Zeit jedes Mal eine Stunde rumzusurfen und 10 Mal die Produktseite anzuklicken, um gute Preise zu bekommen.
Den Brief an die Geschäftsführung habe ich vorsorglich schon geschrieben, falls wieder die 100 Hinweise kommen, dass ich noch einen offenen Warenkorb hätte, um mich auf deren Seite zu locken. Wenn die 2 Jahre wieder um sind und ich neue Kugelschreiber benötige, bin ich gespannt, zu welchen Maßnahmen dann technisch wohl gegriffen werden wird, um mich als Kunden einzufangen ..