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Das Schlüssel-Notdienst-Kartell

Nun gut, es kommt halt immer mal vor. Man ist in Gedanken und träumt vor sich hin, da bleibt der Schlüssel im Auto liegen und das alte Auto ist zu.Wehmütig blickt man durch die Scheibe und sieht ihn da liegen, zusammen mit dem ganzen Bund an Haustür-, Briefkasten und Autoschlüssel. Die Realität holt einen in diesen Momenten ganz schnell ein und erst recht der Schlüsseldienst ..

Das Schlüsseldienste teuer sind, ist hinlänglich bekannt. Am Wochenende natürlich erst recht, und keine andere Branche (außer Immobilienmaklern und Chefärzten) weiß die Not der Mitmenschen so effizient auszunutzen und in monetäre Vorteile für sich selbst umzuwandeln.

Ein herausragendes Beispiel bildet hier ein .. hm .. nennen wir es ruhig mal „Schlüssel-Notdienst-Kartell“.

Mit einer großen plakativen Webseite, auf der die Kundenzufriedenheit hervorgehoben und mit niedrigen Preise geworben wird, verspricht der Webseitenanbieter bundesweit schnelle und kostengünstige Hilfe bei fast jedem Malheur was mit Schlüsseln zu tun hat.

schluesseldienst

 

Dieser Webseitenbetreiber ist eine Art Call-Center, der schnell und zuverlässig (das muss man ihm lassen) Schlüsseldienste vor Ort als Subunternehmer zum Kunden vor Ort schickt.

Ruft man dort an und erkundigt sich im Vorfeld nach den Kosten, so bekommt man auch eine schnelle, allerdings leider keine kompetente Antwort.

43 Euro Pauschalgebühr und pro angefangene 15 Minuten Arbeitszeit nochmal 39,90 Euro soll der Einsatz des Helfers in der Not kosten. So weit so gut.
Lässt man einen Bekannten anrufen, um auf Nummer sicher zu gehen, dann erfährt man das selbe.

Doch leider sieht die Realität dann etwas anders aus ..

Kaum sind 30 Minuten vergangen, steht tatsächlich der gelernte Handwerker mit „Einbrecherwerkzeugen“ vor dem Auto und hält einen Vertrag in der Hand.

Nun beschleunigen sich die Vorgänge in rasantem Tempo. Angefangen bei dem Preis.
Mit einer vermeintlichen Unschuldsmiene erklärt der findige Handwerker nun, dass 43 Euro Pauschalgebühr anfallen und 39,50 Euro pro angefangenen 15 Minuten.
Hinzu kommen noch 30 Euro Notdienst-Pauschale und wenn er schon mal da ist, möchte er mindestens 5 x 15 Minuten Arbeitszeit in Rechnung stellen, auch wenn er gar nicht so lange braucht. Und das ganze sei auch noch Netto, obwohl es sich um einen Privatkunden und keinen Geschäftskunden handelt, bei dem eigentlich Preisauskünfte immer in Brutto, inklusive Mehrwertsteuer zu erfolgen haben.

So steht der galante Schlüsselexperte vor einem und rechnet vor:

5 x 15 Minuten a 39,90 Euro
1 x Pauschale a 43,00 Euro
1 x Notdienstpauschale a 30,00 Euro
———————————————–
= 272,50 Euro zzgl. MwSt. = 324,26 Euro

Schlappe 324,26 Euro im Gegensatz zu 122,80 Euro, die vom Callcenter genannt wurden (30 Minuten Arbeitszeit und Preise inklusive Mehrwertsteuer angenommen).

Respekt !

Was soll man in so einer Situation tun ? Den Schlüsseldienst wüst beschimpfen ? Der Mann mit den Werkzeugen in der Hand macht nicht das System, sondern öffnet nur Autos.
Den Schlüsseldienst wegschicken, weitere 30-40 Minuten auf einen anderen Halsabschneider warten, der nach dem selben Muster verfährt ?

Auf wen soll man nun sauer sein ?
Auf das Callcenter, dass falsche Preise nennt ?
Schon.
Aber man muss dem Schlüsseldienst vor Ort dann ja final keinen Auftrag erteilen.
Gut, dann berechnet dieser eine Storno-Pauschale (warum eigentlich immer Pauschal ? Ist das ein Marketing-Gag ?), die jedoch vor Gericht wohl kaum haltbar wäre, wenn man die Vorspiegelung falscher Tatsachen und Preisauskünfte berücksichtigt.

Oder soll man sauer auf den Subunternehmer sein, nennen wir ihn mal exemplarisch XYZ SIcherheitstechnik, der angenommen wohl wissend um die falschen Preisauskünfte des Callcenters weiß und hofft die Notlage der Kunden vor Ort ausnutzen zu können.

Ein Kartell: der eine betreibt eine gut positionierte Webseite im Internet und lockt die Kunden mit niedrigen Preisversprechen an, und der andere macht die Arbeit.
Diese dann zu deutlich höheren Preisen, so dass der Kunde vor Ort in der Notlage entweder den fast dreifachen Kosten zustimmt oder eine Storno-Pauschale bezahlen soll.

Seriosität sind anders aus.

Der Schlüsseldienst hatte die Autotür nach exakt 2 Minuten auf. Ich habe gestoppt. Berechnen wollte er 1:15 Stunde.

Gezahlt habe ich viel, aber nach einem verbalen Schlagabtausch in etwa die Mitte des zuerst avisierten und am Ende verlangten Preises. Mit Autoschlössern kann ich nicht umgehen, aber der Schlüsseldienst dafür nicht mit Worten.

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Guten Abend Herr XXX, Guten Abend Herr XXX,

ich möchte mich heute Abend bei Ihnen bedanken.
Durch Sie war es mir möglich einen schier unvergesslichen Abend zu erleben.

Leider hatten wir heute Abend unseren Schlüsselbund im Auto vergessen, nachdem das Auto verriegelt war.

Das wirft natürlich kein besonders positives Licht auf uns, aber na ja, was soll ich sagen, das kommt halt mal vor.

Zum Glück gibt es Suchmaschinen wie Google, die für alle Probleme die richtige Lösung zur Hand haben.

In unserem Fall war es Ihre sehr prominente Webseite www.aufsperrdienst-vorort.de, auf der Sie Ihre schnelle und günstige Hilfe anbieten.

Eigentlich dachte ich ja immer, dass Schlüsseldienste Abzocker seien, die den Menschen in Notlagen unverhältnismäßig viel Geld aus der Tasche ziehen, aber nachdem ich mich so auf Ihrer Webseite umgesehen haben, war ich erleichtert.

Sie schreiben dort von “zufriedenen Kunden“ und „von Architekten empfohlen“. Was sollte da wohl schief gehen ..

Doch ich hatte mich zu früh gefreut.

Die von Ihnen vermittelte Firma
XXX
XXX
XXX

kam in Windeseile zu uns und während wir noch dem Stein hinterher blickten, der uns vom Herzen viel, stockte unser Blut im gleichen Atemzug, als wir von den Kosten erfuhren, die auf uns zukommen sollten.

Ihr sehr kompetentes Callcenter teilte uns am Telefon nach zwei Anrufen im Vorfeld mit, dass der Einsatz (das Öffnen des alten Autos) lediglich 43 Euro Pauschalgebühr und pro angefangene 15 Minuten Arbeitszeit nochmal 39,90 Euro kosten würde. Profis wie Sie diese auf Ihrer Homepage loben – so dachten wir – würden dafür maximal eine halbe Stunde benötigen. Also überschaubare Kosten von 122,80 Euro für unsere Dummheit den Schlüssel im Wagen liegen zu lassen. Chuzpe.

Sie können sich unsere Verblüffung erklären, als der wirklich sehr nette Herr mit seinen Werkzeugen zum Öffnen unseres Autos 324,26 Euro haben wollte, die sich wie folgt zusammen setzen sollten:

5 x 15 Minuten a 39,90 Euro
1 x Pauschale a 43,00 Euro
1 x Notdienstpauschale a 30,00 Euro
———————————————–
= 272,50 Euro zzgl. MwSt. = 324,26 Euro

Nun möchte ich Ihnen als Geschäftsmännern zu Gute halten, dass Sie sehr tüchtig sind und das Prinzip des Angebots und der Nachfrage offensichtlich verstanden haben.
Vermutlich fühlen Sie sich in Ihrem Handel darin bestätigt, da die meisten Ihrer in Notlage befindlichen Kunden einfach zahlen, anstatt sich gegen Ihr unseriöses Geschäftsgebaren zu wehren.
Was Sie jedoch offensichtlich nicht verstanden haben, sind der Tatbestand des Wuchers und der arglistigen Täuschung.

Gerne bin ich nun Ihnen behilflich, in der Aufklärung auf meinem Fachgebiet.
Ich empfehle hierzu unter anderem die eingehende Studie folgender Lektüren:

Amtsgericht Frankfurt/Main, Urteil vom 23.02.2006, (Az.: 31 C 3075/05-44)
Amtsgericht München, Urteil vom 27.08.2004 (Az.: 141 C 27160/03)
Amtsgericht Hamburg Altona, Urteil vom 28.06.2010 (Az.: 316 C 340/09)

Nachdem Sie nun in etwa ein Bild der Situation gewonnen haben sollte, vermutlich nicht das erste Mal, schlage ich vor, dass wir nun in medias res gehen.

Ich biete Ihnen einen Vergleich an.
Dass Sie wissen was Sie tun und wie Sie es tun setze ich voraus. Und ich setze ebenfalls voraus, dass Ihnen durchaus bewusst ist, welche Verfehlungen ich Ihnen vorwerfe.

Ich würde mich der Fairness halber um eine Rückerstattung von 150 Euro auf nachfolgendes Bankkonto sehr freuen:

Kontoinhaber:
Kontonummer:
Bankleitzahl:
Bank:

Mit der Rücküberweisung des oben genannten Betrages Ihrerseits, ohne Anerkennung irgendeines Rechtsverstoßes von Ihrer Seite, ist die Sache für mich erledigt und ich darf mich höflichst für die freundliche Unterstützung bei der Schlüssel-Wiedererlangung bedanken.

Sollten Sie dieses Vorgehen nicht für Gut heißen, sehe ich mich gezwungen weitere Schritte einzuleiten, um dem Unrecht entgegen zu treten. Fiat iustitia, et pereat mundus.

In diesem Fall würde ich einen Anwalt engagieren, der meine Rechte durchsetzen wird.
Ferner werde ich eine Anzeige beim Betrugsdezernat der Polizeibehörde in dieser Angelegenheit stellen.
Ich werde Ihre Firmendaten an die zuständige Verbraucherzentrale zur Überprüfung melden und ähnliche Erfahrungen von anderen Kunden Ihrer Unternehmen recherchieren lassen.
Letztlich werden wir uns vor Gericht sehen und ich bin mehr als gespannt über den Ausgang in diesem Fall.

Um Ihnen und mir diesen Aufwand und die damit verbundenen Kosten zu ersparen, würde es mich freuen wenn Sie diesem bilateralen Vergleich über die Rückerstattung von 100 Euro zustimmen würden. Als Frist für die Rückerstattung habe ich 10 Werktage vermerkt.

Ich verbleibe hochachtungs- und hoffnungsvoll auf Ihr Entgegenkommen.

Mit freundlichen Grüßen

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